Trauung mit Abendmahl: die Realpräsenz der Liebe
Trauspruch 1. Korinther 13, 13:
Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen.
Liebes Brautpaar, liebe Hochzeitsgemeinde,
Fast jede Hochzeit ist heutzutage anders. An der Wende des 3. Jahrtausend nach Christus erleben wir die Auflösung der allgemein-verbindlichen Form des Zusammenlebens, und die Ausarbeitung oder Wahl einer jeweils individuellen Form.
Im Mittelalter gab’s fast nichts zu wählen. Wer auf dem Schloß geboren war, bekam eine fürstliche Hochzeit, wer im Stall geboren war eine in kleinerem Rahmen. Die Religion lag fest und es war fast alles geregelt. Ab dem 16. Jahrhundert gibt’s dann das Christentum in drei Varianten und der jeweilige Landesfürst kann wählen zwischen katholisch, reformiert oder lutherisch.
Im 18. Jahrhundert kann das männliche Familienoberhaupt dann wählen. Am Ende des 19. Jahrhundert führt der Staat dann noch den Standesbeamten ein und im 20 Jahrhundert erkämpfen sich auch die Frauen das Wahlrecht. Mittlerweile steht fast alles zur Wahl: Zusammenleben, mit oder ohne Trauschein, mit einem Partner des anderen Geschlechts oder auch des gleichen. Mit oder ohne kirchliche Trauung. Mit katholischem Ritual, individuell protestantisch, mit orthodoxer Krönung oder ökumenisch von allem was. Mit Bläser, Sängerin oder Band; Einzug in der Film-Variante mit Hochzeitsmarsch und Brautvater oder eher klassisch als Paar mit einem Präludium von Bach.
Selbst ob man wählen will, kann man dabei heute noch wählen. Es soll sogar einen Radiosender geben, der überlässt die Wahl den Hörern und die zwei sehen sich zum ersten Mal auf dem Standesamt.
Unsere Landeskirche hat wegen den vielen Veränderungen gerade mit Datum 1. Juni 2012 eine neue Trauagende herausgeben, also ein Buch mit den Abläufen einer kirchlichen Trauung, damit ein Pfarrer weiß, was er in diesem oder jenem Fall zu tun hat. Das waren früher 13 Seiten: 1. Form oder 2. Form. Jetzt sind es über 60 Seiten mit zahllosen Varianten für alle Fälle. Doch kaum herausgekommen ist auch das schon wieder veraltet, oder - mit 1. Korinther 13 - es erweist sich als Stückwerk und die wichtigsten Teile fehlen. Für diese Erkenntnis habt ausgerechnet ihr gesorgt, liebes Brautpaar. Im Traugespräch war es nämlich der Wunsch der Braut, diese Trauung mit einem Abendmahl zu verbinden.
Frohgemutes habe ich in unserem schönen neuen Agenden Werk nach „Trauung mit Abendmahl“ gesucht. Das muss es doch geben bei so vielen Varianten. Doch das Ergebnis war: Nichts. Ausgerechnet das fehlt. Also Trauung mit Taufe das gibt es jetzt in verschiedenen Formen, aber mit Abendmahl, mit heiliger Kommunion? Eine Hochzeit, die auch der Herr Jesus ganz real in der Kirche mit Brot und Wein mitfeiert? Das war nicht vorgesehen. Oder hat man den Herrn einfach vergessen? So was wird schon von den ersten Jüngern berichtet: Dass sie ihren Herrn einfach vergessen.
Euer Wunsch hat dann zu einem kleinen Zwiegespräch mit dem Himmel geführt. Es ist ja meist am besten, direkt mit den Betroffenen zu reden, nicht nur über sie. Auch über Gott muss man nicht viel reden. Es reicht, zu ihm zu beten.
„Also Herr Jesus was hältst Du davon?“ So habe ich ihn bei Gelegenheit gefragt. Und er hat dann in etwa geantwortet und dabei vor sich hin geschmunzelt. „Ja, ich habe mich über diese Einladung sehr gefreut und komme natürlich gerne zur Hochzeit auch mal wieder persönlich in die Kirche.“
„Ja, warst du das bei den vergangenen Hochzeiten denn nicht?“ frage ich zurück. „Doch schon“ sagt, er, „im Geist war ich immer dabei, das bin ich den Liebenden einfach schuldig. Aber so ganz real präsent mit Leib und Blut, zum Schmecken, Sehen und Genießen - das ist schon ein halbe Ewigkeit her. Meistens war ich in meiner leiblichen Gestalt bei den Trauungen vor der Kirchentür, wenn es Sekt und Knabberzeug gab. Doch in der Kirche …“.
„Aber“, sage ich, „das geht doch gar nicht. Du als Gottes Sohn, du muss doch in der Kirche sein. Kirche ohne dich geht doch gar nicht.“
Er antwortet: „Ich muss überhaupt t nichts. Ich bin schließlich so etwas wie, sagen wir mal, freie Liebe. Noch nicht mal sterben muss ich, und wenn ich’s mach, dann mach ich auch das ganz freiwillig. Deswegen hat es mir bei Sekt und Laugenstangen am Ausgang der Kirche oder am Eingang zum Festlokal in den letzten Jahren auch häufig besser gefallen. Es war irgendwie zwangloser. Da hat keiner gefragt, ob ich evangelisch bin oder katholisch, oder zu den Ausgetretenen gehöre, die nicht mehr in die Kirche gehen, ob ich Muslim bin oder Atheist. Da waren einfach nur Menschenkinder. Die haben sich gefreut, dass der Herr Jesus inkognito dabei war, wie einst im Gasthaus zu Emmaus. Sie sind gekommen und haben mitgefeiert, mitangestoßen. Für manchen, der keinen Wein oder Sekt vertrug habe ich den Wein auch schon mal in ganz normales Wasser verwandelt. Ich kann es nämlich auch andersrum.“
„Ja, ich weiß“, sage ich, „du bist für viele da, vielleicht sogar für alle, auch wenn dich nicht alle gleich erkennen. Du bist geduldig und freundlich, barmherzig, gnädig und von großer Güte. Du erträgst alles, duldest alles, wirst nicht bitter, glaubst alles, hoffst alles und hörst mit deiner Liebe niemals auf.
Aber nun schau dir an, was dabei herausgekommen ist. Die Kirche hat dich noch nicht mal mehr auf der Agende. Die rechnen gar nicht mehr mit dir – jedenfalls nicht bei Hochzeiten. Es wandelt sich alles, nur in der Kirche wandelt sich nichts. Die Ökumene ist festgefahren. Vielleicht müsstest du einfach mal kräftig auf den Tisch hauen, oder in deinem Fall halt auf den Altar. So müsstest du reden: „Meine lieben Bischöfe und Päpste, ich bin doch der, der hier zum heiligen Mahle lädt und da sollt ihr die Familien nicht auseinanderreißen. Es ist doch unmöglich: Der eine will keine Protestanten beim Mahl, der andere keine Kinder und wer nicht getauft ist erfährt überhaupt nichts von Gottes Gastfreundschaft zu allen Menschen. Was die Liebe zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden.“
Und während ich mich so ereifere da lacht er mich doch an mit seinem typischen Jesus-Lachen und strahlt wie die Sonne, oder wie ein Kind, dem gerade ein guter Streich gelungen ist. „Was meinst du wohl, woher die Braut den Wunsch hatte, zu dieser Trauung heute ein Abendmahl zu feiern?“
Er gibt mir dann noch den Tipp, das Brautpaar solle sich zum Friedensgruß am Aufgang zum Altar hinstellen, dann werde sich auch die Gemeinde schon trauen und zur Wandelkommunion gäbe es sicher auch viel Wandel.
„Keine Angst“, sagt er noch, „und im Übrigen denk einfach an den Namen Gottes - du weist: Ich werde da sein.“
Liebes Brautpaar, in seinem Namen will ich euch das heute mitgeben: Er wird da sein. Was immer auch kommt: Es wird auch Liebe da sein. Nicht immer entspricht diese Liebe den Bildern, die wir uns davon machen. Manchmal ist sie unsichtbar, manchmal gar unter dem Gegenteil verborgen, dem Hass, und doch ist sie da. Bisweilen rätselhaft, wie in einem trüben Spiegel, und doch glauben wir, hoffen wir, dass diese Macht uns bleibt, selbst wenn alles andere vergeht und mit unserer Macht nichts mehr getan ist. In allem Wandel und allen Veränderungen, in allem Stückwerk ist da zugleich etwas Vollkommenes, das nicht aufhört noch vollkommender zu werden. Die Liebe ist nicht fertig mit der Geschichte, wenn der Film fertig ist, die zwei Liebenden sich haben und die Hochzeitglocken klingen.
Diese Trauung ist der Übergang zu einer neuen Geschichte, in neue Räume, in die neue Menschen hineingeboren und hinein wachsen können.
Ihr seid heute die ersten, die den neuen Bund beschließen, das Brot von einem Teller essen, von dem Kelch des Heiles trinken, aber zu dieser Liebe gehören dann noch viele andere mit dazu. Sie sind von Jesus Christus durch euch eingeladen hier in diesen heiligen Raum:. Eltern und Geschwister zuerst, Freunde und Verwandte, jeder der euch Glück und Segen wünscht darf hinzutreten und was uns sonst im Leben trennt, möge zurücktreten.
„Was bleibt, stiften die Liebenden“, sagt ein kluges Wort. Dieses Mahl hier habt ihr gestiftet im Auftrag Jesu Christi, damit uns die Hoffnung bleibe auch in den schlimmsten Stunden unserer Existenz, der Nacht des Verrats. Damit uns der Glaube bleibe, selbst dort wo alles Vertrauen in Menschen zusammengebrochen und jeder Kredit verspielt ist. Manche erinnern sich erst dann, in der Tiefe der Existenz, den bösen Tagen, an das was wirklich zählt und bleibt.
So mag es sein, dass heutzutage fast jede Hochzeit anders ist und alles im Wandel. Eines ist unwandelbar geblieben und verbindet all die verschiedenen Formen: Wer zum Traualtar kommt, dem geht es um Liebe, himmlische und zugleich sehr irdische Liebe. Möge euer gemeinsames Leben von der Kraft der Liebe gesegnet sein. Ja,so segne euch Gott und alle die zu euch gehören.