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Traupredigt

1. Joh. 3, 18:
Laßt uns nicht lieben mit Worten noch mit der Zunge, sondern mit der Tat und mit der Wahrheit.


Liebe Hochzeitsgemeinde,

weiß jemand von ihnen ein gutes Rezept für eine glückliche Ehe? Können Sie dem Brautpaar Tipps und Anregungen geben, wie man es zu zweit nicht nur aushält, sondern auch die Erfüllung findet, die man sucht? Vielleicht teilen sie dergleichen ja nachher den beiden mit, damit die Zukunft also gelingt.

Liebes Brautpaar, bei der Suche nach so ein paar nützlichen Hinweisen bin ich auf ein Backrezept für eheliches Glück gestoßen. Das lautet so: "Man nehme Liebe und einen verträglichen Charakter und schütte als erstes zwei bis drei Pfund Hoffnung hinein. Weiter füge man hinzu: Eine Menge Vertrauen, beliebig viel Frohsinn, ein Maß voll Nachsicht, ein Pfund  kleiner Aufmerksamkeiten, ein Kännchen voller Selbstlosigkeit und vermenge alles miteinander. Um einen faden Geschmack zu vermeiden, gebe man eine Prise Widerspruchsgeist und Verrücktheit hinzu. Dann bitte unter ständigem Rühren stets bereite Freundlichkeit hinein träufeln. Das Ganze ist mit gleichmäßiger Wärme auf kleiner Flamme zu backen. Viel Geduld gehört dazu! Von diesem köstlichen Kuchen braucht man morgens nur ein kleines Stück zu nehmen, um den Gefahren zum Trotz in der Ehe glücklich zu bleiben."

Zwar kein Backrezept aber eine Grundregel für gelingende Beziehungen formuliert der 1. Johannesbrief. "Laßt uns nicht lieben mit Worten noch mit der Zunge, sondern mit der Tat und der Wahrheit." Das ist gewiß nicht immer einfach. In den Grundzügen kann man sich schnell einig sein, aber der Teufel steckt bekanntlich im Detail, im Kleinkram. Dass eine Beziehung gelingt, ist alles andere als selbstverständlich. Glückliche Ehen sollen, so behaupten manche, eher die Ausnahme als die Regel sein, weshalb die Einstellungen zur Ehe in Geschichte und Gegenwart auch ambivalent sind.

"Die Ehe ist der Versuch gemeinsam die Probleme zu lösen, die man allein gar nicht hätte", hat Woody Allen das Resümee der Spötter gezogen. Sokrates, der Philosoph, auf den Nutzen der Ehe angesprochen, antwortete: "Heirate oder heirate nicht, du wirst es bereuen." Er nahm aber dann doch Xanthippe zur Frau und empfahl die Ehe mit den Worten: "Heirate auf jeden Fall, denn heiratest du ein gutes Weib, so wirst du glücklich, heiratest du ein böses Weib, so wirst du Philosoph."  Martin Luther war für die Ehe, der Apostel Paulus dagegen. Der eine bindet sich, der andere freit.

 Unser Staat dagegen bevorzugt eindeutig eine ordentliche Ehe und stellt sie unter den besonderen Schutz des Gesetzes und des Ehegattensplittings des Finanzamts.   Das macht die Wirtschaftlichkeitsberechnung einfach, dürfte aber kaum der entscheidende Grund eurer Hochzeit sein.  Es ist wohl eher das Ergebnis eines Erkenntnisprozesses, das heute veröffentlicht wird; hier vor Gott und der Welt. Ihr habt erkannt: " Ja der Lars ist mein Mann. Ja, die Laura ist meine Frau".

 Am Ende eines solchen Erkenntnisprozesses steht dann nicht nur das Ja und Amen in der Kirche, sondern es kommt meist auch etwas dabei heraus, was Hand und Fuß hat.   Als Adam und Eva vom Baum der Erkenntnis aßen, "da erkannte Adam sein Weib Eva und sie ward schwanger und gebar den Kain", berichtet die Bibel. Es bleiben euch heute dabei allerdings die fürchterlichen Gewissensbisse erspart, die die beiden damals plagten, weil sie Gottes Segen zu der Sache noch nicht hatten.

 Dabei war die Geschichte doch eigentlich sowieso klar. Wen hätte Eva denn heiraten sollen, wenn nicht den Adam? Da war bei euch jedenfalls die Auswahl größer, was nun auch heißt: Jeder ist jetzt der oder die Erwählte des anderen. Auserwählt habt ihr euch, nicht nur für ein paar schöne Stunden, sondern für eine ganze Lebenszeit, für gute und für schlechte Tage. Für Zeiten im Aufwind und für Zeiten am Boden.  So kommt ihr heute zum Traualtar, Gott zu danken, euch zueinander zu bekennen und um seinen Segen zu bitten, für alles was kommt.

 Eure Ehe beginnt nicht erst an diesem Tag, sie hat schon längst begonnen. Ehen werden in Wahrheit im Himmel geschlossen, und der Himmel weiß, wo eure Ehe begonnen hat. Aber ihr heiratet jetzt und gebt damit eurer Ehe eine neue Gestalt und den Verwandten und Bekannten ein Fest

 Es ist heute ein Tag der Ernte. Wir danken dafür, daß ihr beide bis zu dieser Reife miteinander gewachsen seid. Wir danken dem Himmel, der euer Vertrauen wachsen ließ, wir danken der Erde, den vielen Menschen, die zu eurem Glück beitrugen. Auf ein klares Bekenntnis, ein  Ja oder ein Nein, seid ihr heute hier.

In dem kleinen Wort "Ja", das ihr zueinander sprechen werdet, ist all der Dank gebündelt für die vergangenen Jahre, für die guten Tage und Stunden, für die schönen Erfahrungen miteinander, aber auch für manche schwere miteinander zu lösende Aufgabe. Mit dem kleinen Wort "Ja" bittet ihr aber zugleich auch um Gottes Segen für das weitere gemeinsame Leben. Die Basis dafür ist die Liebe, die mit den Jahren tiefer und reifer wird und dabei auch ihre Gestalt verändert.

Sie wird euch nicht immer als Amor anlächeln. Es werden auch Gestalten dabei sein, die euch zunächst vielleicht fremd und manchmal sogar erschreckend vorkommen. Euer Trauspruch sagt:  Macht euch da nichts vor, was nicht ist. Grundlage der Liebe sind nicht schöne Worte, Grundlage ist Wahrheit und die daraus sich ergebende Tat. Die volle Entfaltung der eigenen Persönlichkeit und der des Partners geschieht durch Offenheit und Ehrlichkeit, wenn man weiß, wo man mit dem anderen dran ist, auch wenn das manchmal weh tut.

Sprachwissenschaftler haben in Untersuchungen herausgefunden: Während der ersten fünf Jahre gebrauchen Mann und Frau rund 18000 Wörter. Dann sinkt die Zahl stetig bis sie im zehnten Ehejahr 5000 Wörter erreicht. Die Gespräche beschränken sich dabei mehr und mehr auf die Regelung der Haushaltsorganisation, aber viele Partner können sich über ihr Innenleben nicht mehr ausdrücken. Dabei sind solche Mitteilungen lebenswichtig für eine Verbindung. Wenn Freunde sich nicht gegensätzliche Standpunkte zugestehen, verkümmern sie als Freunde und als Menschen. Um des lieben Friedens willen sollten keine Konflikte verdrängt werden. Ehen scheitern weniger an einer falschen Partnerwahl, als vielmehr  an der Vernachlässigung der ehelichen Beziehung zueinander. Sorgt also dafür, daß in eurer Ehe immer noch eine Überraschung drin ist, aber laßt sie nie zur raschen Übung verkommen.

Beziehungspflege ist jedoch nicht nur zwischen Zweien Grundlage von Wachstum und Reife, sondern auch die Beziehungen zu Freundinnen und Freunden, zu Eltern, zu Schwiegereltern, Verwandten und Bekannten können eure Ehe bereichern. Man heiratet nicht bloß einen netten Mann oder eine nette Frau, sondern meist noch die ganze Verwandtschaft dazu. Am Hochzeitsfest merkt ihr das unmittelbar bei einer guten Feier. Für eure Eltern mag sie auch ein  wenig über den Verlust des heutigen Tages hinwegtrösten. Sie verlieren ja eine Tochter, einen Sohn, aber liebe Eltern, sie gewinnen auch etwas: einen Schwiegersohn, eine Schwiegertochter. Gott sei Dank und Gott segne euch sagen wir über all dem heute. Wir fassen das Entscheidende zusammen in eurem Trauspruch: "Lasset uns nicht lieben mit Worten noch mit der Zunge, sondern mit der Tat und mit der Wahrheit."



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